Forschung rettet Kinderleben
SolidarMed arbeitet mit verschiedenen Forschungsinstitutionen zusammen, um den Zugang zu Gesundheitsversorgung im südlichen Afrika zu verbessern. Warum ist Forschung ein essenzieller Bestandteil der Arbeit? Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH), ordnet ein.
Jürg Utzinger, welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Organisationen wie SolidarMed bei der Forschung im globalen Süden?
Nichtregierungsorganisationen (NRO) fungieren oft als Türöffner zu Behörden und betroffenen Bevölkerungsgruppen. Sie bringen fundiertes Wissen über den sozialen und kulturellen Kontext vor Ort mit, was entscheidend ist, um Forschungsergebnisse umzusetzen und nachhaltig zum Tragen zu bringen. Durch diese Partnerschaften wird sichergestellt, dass wissenschaftliche Innovationen dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden und den grössten Nutzen erbringen.

»Man schätzt, dass dieses Programm in den vergangenen 25 Jahren rund eine Million Todesfälle bei Kindern verhindern konnte.«
Dr. Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH)
Wo sehen Sie die Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen Universitäten, NRO und lokalen Institutionen?
Es braucht eine gemeinsame Vision. Die Rollen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Beteiligten müssen von Beginn an geklärt sein. Wenn alle am gleichen Strick ziehen, ihre Expertise und Ressourcen effektiv einbringen und bereit sind, voneinander zu lernen, können solche Partnerschaften eine nachhaltige Wirkung erzielen.
Welche guten Beispiele gibt es?
Ein erfolgreiches Beispiel sind die HIV-Projekte in Lesotho. In diesen Projekten arbeiteten die Universität Basel, das Swiss TPH, SolidarMed sowie lokale Gesundheitsdienstleister und die Regierung von Lesotho zusammen, um die Behandlung von HIV-Patient:innen zu verbessern. Solche Partnerschaften zeigen, wie durch enge Zusammenarbeit auf lokale Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen entwickelt werden können und helfen, zu priorisieren, wo die begrenzten Mittel für HIV-Programme am besten eingesetzt werden.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel von Swiss TPH mit seinen Partnerinstitutionen ist die Kampagne zur Verteilung von mit Insektizid behandelten Mückennetzen zur Bekämpfung der Malaria in Tansania. Man schätzt, dass dieses Programm in den vergangenen 25 Jahren rund eine Million Todesfälle bei Kindern verhindern konnte.
Weshalb braucht es Forschung aus der Schweiz oder Europa, um gesundheitliche Ungleichheiten im globalen Süden zu verringern?
Die Schweiz hat über Jahrzehnte stark in Bildung, Forschung und Innovation investiert und verfügt über hervorragende Universitäten und Forschungsinstitute. Die etablierten Netzwerke und langjährigen Partnerschaften zwischen Schweizer Forschungsinstituten und Akteur:innen im globalen Süden basieren auf Exzellenz, Gegenseitigkeit, Transparenz und Vertrauen. Diese Beziehungen schaffen die Grundlage dafür, dass innovative Lösungen, die gemeinsam entwickelt wurden, zur Verbesserung der Gesundheit im globalen Süden beitragen können.
Wie wichtig ist es, lokale Forschende im globalen Süden in internationale Forschungsprojekte einzubinden, und wie kann dies effektiv umgesetzt werden?
Dies ist absolut zentral! Lokale Forschende kennen ihr Land, die betroffenen Bevölkerungsgruppen und ihre Ansprechpartner:innen und können in diesem Umfeld völlig anders navigieren, als dies Aussenstehende jemals könnten. Dies sehen wir bei allen unseren Projekten – es geht nie ohne Partnerschaft mit lokalen Forscherinnen oder Experten auf Augenhöhe.
«Ohne den sozialen und kulturellen Kontext zu beachten und miteinzubeziehen, können wir die Gesundheit der Menschen nicht nachhaltig verbessern»
Dr. Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH)
Am Swiss TPH spielt der soziale und kulturelle Kontext eine zentrale Rolle und bildet eines von fünf Themen in unserer neuen Strategie 2025 bis 2028. Ohne diesen Kontext zu beachten und miteinzubeziehen, können wir die Gesundheit der Menschen nicht nachhaltig verbessern.
Wie haben Sie SolidarMed als Forschungspartner erlebt?
Als sehr verlässliche Partnerorganisation, die grossen Wert auf einen evidenzbasierten Ansatz und ein solides Überwachungs- und Evaluierungssystem legt. SolidarMed schaut darauf, dass Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden und Massnahmen auf fundierten Daten beruhen.
Wie kann sich SolidarMed Ihrer Meinung nach verbessern?
Durch eine noch engere Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten wie dem Swiss TPH. Diese können die evidenzbasierten Datengrundlagen liefern, um die Projekte und Gesundheitsprogramme zielgerichtet und nachhaltig zu gestalten.

Innovation & Forschung
SolidarMed analysiert die eigenen Programme kontinuierlich und arbeitet zudem bei verschiedenen Studien mit nationalen und internationalen Universitäten zusammen. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, die Projekte laufend weiterzuentwickeln und werden an wissenschaftlichen Tagungen und in Fachpublikationen veröffentlicht.